Spangenhelm

Während der Merowingerzeit bildete sich – bedingt durch eine veränderte Kampftaktik - eine neue, elitäre Kriegergesellschaft heraus: die Reiterkrieger. Diese Reiterkrieger und ranghohe Persönlichkeiten wurden nicht nur mit ihren Waffen, Sporen und Pferdegeschirr - sondern, insbesondere bei den Altsachsen, Thüringern und Alemannen - mitsamt ihren Pferden bestattet.

Was die Gräber der Reiterkrieger darüber hinaus aus der Vielzahl der ebenfalls reich Bestatteten heraushob, waren die prunkvollen Spangenhelme.

Die Abbildung zeigt die Rekonstruktion und  den heutigen Zustand desGoldhelms des Fürsten von Gellep, um 530 n. Chr.

(Bild aus: Archäologie Krefeld)

Diese Helme stammen meist aus spätrömischer, bzw. byzantinischer Fertigung. Aufgrund ihrer Fertigung zählen sie zum Typ Baldenheim.
 

 

 

 

Aus, Kupfer, Bronze und Eisen gefertigt, war der Spangenhelm eigentlich fester Bestandteil der spätrömischen Militärausstattung. Wer jedoch in der germanischen Gesellschaft solch einen Helm trug, genoss ein hohes Ansehen.

Nun stellt sich die Frage, wie wird so ein Helm hergestellt? Dazu  muss man wissen, wie so ein Helm aufgebaut ist.

Er besteht einmal aus 4 oder 6 Stahlblätter, die so geschmiedet werden, dass sie sowohl in Quer- als auch in der Längsrichtung eine Wölbung aufweisen. Aneinander gereiht ergeben sie die Helmschale.

Das Bild zeigt 3 der 6 Blätter vom Helm des Gelleper Fürsten (Bild: Archäologie Krefeld).

Diese Blätter werden mittels Nieten mit den durchwegs vergoldeten Spangen aus Bronze oder Kupfer verbunden – daher die Bezeichnung Spangenhelm. Dieser Helmtyp wird übrigens auch im englischen oder spanischen als Spangenhelm bezeichnet.

 

 

 

Vom Helm aus Pfeffingen sind nur noch die Spangen erhalten und ergeben daher einen guten Eindruck von ihrem Aussehen. Sie sind vergoldet und punziert, wie die meisten Exemplare.

(Historische Funde Pfeffingen, Deutschland)

 
 

 

Zuletzt wird ein Stirnreif aus Eisen angefügt, der auch radial zu einer Versteifung führt und damit zur Stabilität des Helms beiträgt. Dieser Reif wurde mit einem, wiederum aufwändig mit Ornamenten verzierten, sehr dünnen, feuervergoldeten Kupfer- oder Bronzeblech belegt. Alle diese Helme dürften mit Wangenklappen ausgestattet gewesen sein. Von einem Kettengeflecht als Nackenschutz ist aus zu gehen, da es bei einigen der 40 geborgenen Exemplare  nachgewiesen ist. Solche Kettengeflechte bestanden aus vernieteten und – was mich vom technologischen Stand her verwundert - gestanzten Ringen.

Spangenhelm im Eigenbau?
Nun, wer das Schmiedehandwerk beherrscht und gut eingerichtet ist, darf natürlich so einen Helm von Grund auf selbst konstruieren.

Ich persönlich habe es vorgezogen, einen Helm von der ‚Stange’ zu nehmen. Das abgebildete 4-spangige Modell stammt von Hubert Kallus.

Der Helm wurde wunschgemäss ohne den abgebildeten Nasal (Nasenschutz) geliefert und die Wangenklappen ohne Nietlöcher und Nieten.

www.die-ritterschmiede.de



Obwohl es sich bei den Beigaben in fränkischen, langobardischen und alamannischen Gräbern vorwiegend um Helme mit 6 Spangen handelt, so muss ich mich aus verständlichen Gründen mit einem 4-spangigen und nicht vergoldeten Helm begnügen. Dabei stützte ich mich, auch was das Dekor betrifft, auf den 4-Spangigen Helm vom Typ Baldenheim aus Batajnica.

 

Nachbearbeitung
 

Die Modifizierung eines gewöhnlichen Spangenhelms, zu einem für das Frühmittelalter tauglichen Helm, erfordert ein wenig Geduld und - nebst einem Hammer – ein paar Punzierstifte, wie sie im Goldschmiedebedarf erhältlich sind.



Zunächst sollte man sich an einem Motiv orientieren, wie hier am Helm von Batajnica. Dabei können, bzw. müssen die Originalornamente, aufgrund der unterschiedlichen Ausformung der Spangen, dem gekauften Helm angepasst werden.



Die abgebildeten Sujets wurden so weit angepasst, dass sie der Form und Grösse der gegebenen Spangenbasis entsprechen.
Dabei sollte man dem Stil treu bleiben, wie das Antilopenpaar zeigt.



Für jene, die sich nicht gewohnt sind zu punzieren – wie ich – ist die Anfertigung von Schablonen nach diesen Zeichnungen zu empfehlen. Dadurch entsteht ein Anschlag für den Punzierstift und man erhält eine gerade Linie.



Das Resultat kann sich durchaus sehen lassen. Mit Vorteil wird erst die Hintere, also die am Hinterkopf gelegene Spange punziert, so hat man schon ein bisschen Übung, wenn es an die Frontseite geht. Diese soll ja besonders schön werden, denn ein Feind wird uns nie von hinten sehen (wenigstens nicht im Kampf).



Spangenbasis mit Antilopenpaar. Aufgrund von Höhe und Breite der Spangenbasis, habe ich die einzelne Antilope des Originals gespiegelt (vergleiche Originalzeichnung).

Diese Abbildung zeigt das punzierte Dekor auf dem Spangenhals (schmales Messingband), sowie der Zimier-, oder Scheitelscheibe,
mit der Zimierhülse.

Deutlich sind die Nieten erkennbar, mit welcher die Blätter an die Spangen genietet wurden. Die Scheitelscheibe wurde stets mit den Spangenspitzen vernietet, nie mit den Eisenblättern.

Leider kann ich mir eine Vergoldung der Spangen nicht leisten, weshalb poliertes Messing als optisch tauglicher Ersatz her halten muss.

 

 

 

 

 

 

 



Der Helmrand, oder Stirnreif, der im Original aus Eisen besteht,  wird durchgehend gelocht.Die Bohrungen betragen zwischen 3 und 5 mm. Ich habe als Kompromiss 4 mm gewählt. Daran werden die lederne Innenhaube, die Wangenklappen sowie der Nackenschutz mittels Lederbänder befestigt.

Originalzeichnung und Kopie auf Messingfolie der Pressblechverzierung des Helmes von Batajnica.

Bei der Verzierung der Spangenhelme kamen immer zwei Techniken zur Anwendung: Einmal die vertiefte Punzierung bei den Spangen und die reliefartig erhabene Pressblechtechnik, mit entsprechenden Modeln, bei der Verzierung des Stirnreifs. Es handelt sich dabei um feuervergoldete Kupfer- oder Bronze-bleche, von lediglich 0,02 bis 0,05 mm Stärke.

 



Besonders gut lässt sich diese Technik an der Stirnreifauflage  des Helms aus dem Ungarischen Nationalmuseum in Budapest nachweisen. Die hauchdünne Kupferfolie wurde feuervergoldet.

(Aus: „Spangenhelme“ von Mahand Vogt)

Die empfindlichen Folien wurden auf ihrer Rückseite nachweislich mit einer hellen Kittmischung hinterlegt und die Vertiefungen verfüllt, wodurch die Ornamente wider-standsfähiger gegen Beschädigung wurden. Anschliessend wurden sie auf den eisernen Reif aufgebracht. Als Basis für diese Kittmischung kommen Mastix oder Schellack in Frage. Als Ersatz eignen sich Kunstharze.


Befestigung der Folien am Stirnreif:

1. Die Enden werden um den Reifen geschlagen.

2. Der obere Teil wird unter die Spangenbasis geschoben und unten umgeschlagen.

Es gibt auch Pressblechauflagen, die nur oben um den Stirnreif geschlagen wurden und unten mit diesem bündig waren (vergleiche Ungarisches Nationalmuseum). Ich wählte für meinen Helm letztgenannte Variante. Die Folien wurden ebenso wie der eiserne Stirnreif gelocht und zusammen mit der Lederhaube „angenäht“.






Rückseite (links) und die unpolierte Schauseite (rechts) des nur 0,2 mm dicken Messingblechs. Da es sich nicht lohnt, für einen einzelnen Helm einen Model (mit Gegen-stück) für die Pressblechtechnik herzustellen, musste ich für die Vogelfigur eigens dafür eine Punze anfertigen. Um saubere, scharf umrissene Formen zu erzielen, sollte als Unterlage ein Bleiklotz verwendet werden.

Lederhaube
 

Anhand der Analysen an den Helmen von Deurne und Leiden macht eine Verwendung von Schaf-, Lamm- oder Hirschleder wahrscheinlich. Dabei wurde auch Fell nachgewiesen, das dem Metall zugewandt, der Schlagdämpfung diente.

Als Form dürfen spitzbogig zugeschnittene Lederlappen angenommen werden. Ob diese einzeln oder aus einem Stück geschnitten waren und „angenäht“ wurden, ist nicht bekannt.Ich persönlich habe die Haube aus einem Stück, und zwar aus vegetabil gegerbtem Kalbsleder geschnitten.

Wangenklappen
 

Auch hier konnte das Ornament nicht massstäblich vom Originalbefund übernommen werden. Grösse und Form der Wangenklappen unterscheiden sich beim „Fertigprodukt“ deutlich.



Links die fertig punzierten Wangenklappen. Das Ornament wurde in Anlehnung an das Original (rechts) angefertigt.

Die Ornamente wurden, wie bei den Spangen, mit einem Punzierstiftin das relativ weicheMessing geschlagen. Als Ambos benutzte ich ein altes Schustereisen. Die gewölbte Form der Wangenklappe schmiegte hervorragend an das Schustereisen.

Um die geraden horizontalen Linien zu erhalten, benutzte ich einenStreifen Klebeband (Malerband). Es diente wie die Schablonen wiederum als Anschlag und Orientierung füreine gerade Linie.

 

 

 

 

 



Links ist die Polsterung der Wangenklappe zu sehen. In Ermangelung eines vegetabil gegerbten Schaffelles, wurde ein Stück geschorenes Schaffell unterlegt, bzw. zwischen Metall und Kalbsleder eingeschoben. Mittig ist das 5 Millimeter breite (Originalmass) Lederband zum Vernähen und rechts die fertig belederte Wangeklappe abgebildet.



Links ist die Stichführung des Lederbandes und rechts die schematische Darstellung des Stichs dargestellt.

Der Nackenschutz
 

Das Kettengeflecht des Nackenschutzes besteht, wie bei einigen Originalfunden, aus gestanzten und vernieteten Ringen. Allein dafür wurden 1100 Ringe und 550 Niete verwendet. Die Kette wurde mit einem dicken roten Wollstoff unterlegt.
 

 

 

 

Die für den Eigenbau benötigten Werkzeuge (Zangen zum Öffnen und Schliessen der Ringe, Nietzange sowie Nieten und Ringe) sind bei www.battlemerchant.com erhältlich.

 

 

 

 

Wenn dann schliesslich Geduld und Ausdauer gesiegt haben, nennt man einen prachtvollen Spangehelm sein Eigen!


 



Rekonstruktion von Peter Mäder

Fotos von Peter Mäder, sofern kein anderer Quellenhinweis besteht


Literatur

Spangenhelme, Baldenheim und verwandte Typen, Römisch- Germanisches Zentralmuseum, Mahand Vog